Sonntag, 7. April 2013

Im Tempel der Diva

Hamburg (dapd). Willkommen im Tempel der Lana Del Rey: Zwei Löwen-Statuen flankieren die Bühne, auf der Palmen und eine Art Palast stehen. Es sieht aus wie eine Filmkulisse aus Cleopatra. Und dann erscheint sie mit sanften Schritten auf die Bühne. Rund 10.000 Menschen sind in die Hamburger O2-World gekommen, um sie zu sehen: Lana Del Rey. Am Samstagabend startete die US-Sängerin hier ihre Deutschland-Tournee. Noch vor wenigen Jahren kannte sie kaum jemand. Heute zählt die 26-Jährige zu den Stars der Branche.

Ihre Musik ist melancholisch, ruhig und kaum tanzbar. Und so schwanken die Tausenden in der Hamburger Konzerthalle zu den langsamen Melodien wie Bäume im Wind. Ab und zu beleuchtet das farbige Licht der Bühne ihre Gesichter. "We Were Born To Die", wir wurden geboren, um zu sterben, singt Lana Del Rey. Hinter ihr wirft ein Projektor stimmungsvolle Bildschnipsel auf den Tempel: Düstere Wolken, Vogelschwärme oder Kruzifixe. "Born To Die" - so heißt das Album mit dem sie Anfang vergangenen Jahres den Durchbruch schaffte. Ihre aktuelle Tour promotet eine besondere Edition des Hitalbums namens "Paradise".

Bizarrer Mix aus Religion und Hollywood

Lana Del Rey haucht in Hamburg eine Melodie nach der anderen ins Mikro. Alle klingen irgendwie ähnlich: schön und schwermütig. Während ihre Band - drei Geigerinnen, ein Pianist, ein Bassist, ein Gitarrist und ein Schlagzeuger - mit Leidenschaft spielt, wirkt sie selbst distanziert, kühl und in Gedanken ganz woanders. Ihre Blicke sind permanent lasziv, ihr Gesicht zeigt kaum Regung. Zudem scheint sie sich nur in Zeitlupe zu bewegen, wenn sie beim Singen über die Bühne spaziert. Was seltsam scheint, ist in Wirklichkeit clevere Vermarktung - die unnahbare Attitüde und der geheimnisvolle Glamour sind ihr Erfolgsrezept.

Die Sängerin ist stets zurecht gemacht wie ein Filmstar aus den 60er Jahren: An diesem Samstagabend trägt sie ein weißes Kleid, die brünetten Haare wellig und viel Make-up im Gesicht. Vor der palastartigen Filmkulisse wirkt es, als habe sie den Platz von Elizabeth Taylor als Cleopatra eingenommen. Als wolle Lana Del Rey den Glamour des alten Hollywoods für sich in Besitz nehmen. An einer Stelle zeigt die Leinwand im Tempel Bilder von James Dean. Und dann: Christus am Kreuz und Lana Del Rey als Engel. Die Show ist zuweilen ein bizarrer Mix aus Religion und Hollywoodfilm. Die sich in den melancholischen Melodien wiegenden Massen wirken stellenweise wie Jünger, die ihre Diva anbeten.

Geldgeile Kunstfigur?

Vielen Kritikern ist die krampfhafte Inszenierung als Ikone zu billig: Ist Lana Del Rey, die mit bürgerlichen Namen Elizabeth Grant heißt, eine reine Kunstfigur? Erfunden von gewieften Marketingstrategen, um Geld zu machen? Viele Beobachter sehen das so. Exemplarisch dafür stehen die aufgespritzten Lippen der Sängerin. Das Cover ihres ersten Albums "Lana del Ray a.k.a. Lizzy Grant", das 2010 vor ihrem Durchbruch erschienen war und bald wieder vom Markt genommen wurde, zeigte sie noch mit schmalen Lippen. Heute ist der künstlich voluminöse Schmollmund ihr Markenzeichen.

Die New Yorkerin selbst hat in Interviews stets ihre Authentizität betont. Sie habe die meisten ihrer Songtexte selbst geschrieben und sogar die Filmschnipsel von "Video Games" selbst ausgesucht.

Mit diesem Lied begann vor zwei Jahren Lana Del Reys Welterfolg. Auf der Internet-Plattform Youtube erschien das Video scheinbar aus dem Nichts und wurde innerhalb kürzester Zeit viele Millionen Mal angeklickt. Es zeigt Bilder von Kindheits- und Jugenderinnungen. Jungs, die in einen Pool hüpfen, sich küssende Teenager oder beste Freundinnen, die auf einer Wiese tanzen. Dazwischen Lana Del Rey, die lasziv in die Kamera singt. Der Song erklomm im Herbst 2011 die Spitze der deutschen Charts. Es ist nicht ohne Ironie, dass der Erfolg einer Sängerin, deren Markenzeichen der Glamour einer Zeit ohne Internet ist, auf eben diesem Medium beruht.

Ob authentisch oder künstlich war den 10.000 Menschen in der Hamburger O2-World egal. Dass ihnen der Auftritt gefiel, zeigten sie mit lautem Jubel. Ausverkauft war die Show in der 12.000 Besucher fassenden Halle allerdings nicht. In den kommenden Wochen haben Fans noch in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München Gelegenheit, den Tempel der Lana Del Rey aufzusuchen.

 


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